Datum : 04.07.2025

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Hydraulik oder Pneumatik – Unterschiede und Einsatzmöglichkeiten

Ob in der industriellen Fertigung, im Fahrzeugbau oder in der Automatisierungstechnik – überall dort, wo Kraft übertragen und Bewegung gesteuert werden muss, kommen fluidtechnische Systeme zum Einsatz. Dabei stellt sich oft die Frage, welches System für die eigenen Zwecke am besten geeignet ist: Hydraulik oder Pneumatik. In diesem Beitragen helfen wir bei der Beantwortung dieser Frage.

1. Grundlagen: Wie funktionieren Hydraulik und Pneumatik?

Hydraulik und Pneumatik gehören zur Domäne der Fluidtechnik. Das ist ein Sammelbegriff für alle Verfahren, die Flüssigkeiten oder Gase nutzen, um Energie zu übertragen. Diese Definition zeigt auch schon die wesentlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Hydraulik und Pneumatik auf: Beide Verfahren werden zur Kraftübertragung genutzt, sie verwenden dazu aber unterschiedliche Medien.

In der Hydraulik werden Flüssigkeiten zur Übertragung der Energie eingesetzt. Dazu nutzt man in der Praxis meist ein spezielles Hydrauliköl. Dieses Öl wird in ein geschlossenes System gegeben (z.B. Hydraulikzylinder, Rohrleitungen, etc.), wo es anschließend unter Druck gesetzt wird. Nach dem sogenannten Pascal‘schen Gesetz gibt die Flüssigkeit diesen Druck in alle Richtungen in gleicher Intensität weiter. Da das System, in dem sich das Medium befindet, geschlossen ist, kann die Flüssigkeit aber nicht nach allen Seiten hin entweichen. Die Kraft wird folglich zielgerichtet und präzise in eine bestimmte Richtung übertragen.

Bild: Pascalsches Gesetz

Abb. 1: Ein hydraulisches System leicht erklärt: Durch die Abwärtsbewegung des linken Kolbens wird die Flüssigkeit im System unter Druck gesetzt. Diese Kraft wird übertragen und sorgt dafür, dass der größere Kolben auf der rechten Seite sich bewegt.   

Die Pneumatik funktioniert nach demselben Prinzip. Allerdings wird hier Druckluft anstelle von Flüssigkeiten genutzt, um die Energie zu übertragen. Um diese Druckluft zu erzeugen, saugt ein Kompressor Umgebungsluft an und verdichtet sie in einem Zylinder. Nachdem diese Luft aufbereitet, d.h. gereinigt wurde, ist sie bereit für den Einsatz.

2. Die wichtigsten technischen Unterschiede

Hydraulik vs. Pneumatik
HydraulikPneumatik
MediumÖl / Flüssigkeiten(Druck-)Luft
Druckniveauhoch (bis >600 bar)niedrig bis mittel (6–10 bar)
Kraftübertragungsehr hochmittel – gering
Präzisionhochmittel
Strömungsgeschwindigkeitmittelhoch
Wartungsaufwandhochvergleichsweise gering
Sauberkeitniedrighoch
Umweltgefährdunghohes Gefährdungspotential bei Leckagenunbedenklich
Sicherheithöheres Risikogeringeres Risiko

2.1. Druckniveau, Kraftübertragung und Präzision

Die verschiedenen Medien der Pneumatik und Hydraulik bedingen einige weitere technische Unterschiede. Schauen wir uns dazu die physikalischen Eigenschaften der Medien etwas näher an:

Druckluft ist kompressibel. Das bedeutet, dass sie sich unter Druck zusammenzieht. Hydraulische Flüssigkeiten sind demgegenüber inkompressibel, lassen sich also nicht oder kaum komprimieren. Das hat zur Folge, dass in der Hydraulik

  • der Druck unmittelbar und ohne Energieverlust übertragen wird
  • eine gleichmäßige Druckverteilung stattfindet, was wiederum eine präzise Steuerung der Kraft ermöglicht
  • enorme Lasten bewegt werden können, da nicht mit plötzlichem Druckverlust oder -schwankungen zu rechnen ist

All diese Vorteile auf der Seite der Hydraulik sind Nachteile auf der Seite der Pneumatik:

  • Die Energieübertragung verläuft hier nicht verlustfrei, da sich Gase erwärmen, sobald sie komprimiert werden. Dieser Vorgang schluckt einen Teil der vorhandenen Energie.
  • Durch den regulären Energieverlust in pneumatischen Anlagen, können diese die vorhandene Kraft weniger effizient nutzen und die Kraftverstärkung fällt generell geringer aus als bei hydraulischen Anlagen. Insgesamt können also mithilfe der Pneumatik weniger große Kräfte mobilisiert werden als in der Hydraulik.

Durch die Kompressibilität von Druckluft wird Druck nicht unmittelbar weitergegeben. Es kommt zu Verzögerungen und Federwirkungen, bei denen sich die Luft unwillkürlich ausdehnt. Das lässt eine weniger präzise Steuerung der Anlage zu als bei hydraulischen Anwendungen.

2.2. Wartungsaufwand

Hier hat die Pneumatik die Nase vorn: Die Wartung von Druckluftanlagen ist in der Regel einfacher, schneller und kostengünstiger als die Wartung von Hydraulikanlagen. Das liegt vor allem daran, dass keine aufwändigen Wechsel des Mediums nötig sind. Auch entfallen Arbeitsschritte wie zum Beispiel die Entlüftung des Systems, die bei Hydraulikanlagen unverzichtbar sind.

Zudem sind pneumatische Systeme deutlich einfacher gestrickt als Hydraulikanlagen, die über eine Vielzahl von Komponenten verfügen. Diese müssen alle einzeln gewartet werden und verursachen so einen hohen Zeit- und Kostenaufwand.

2.3. Sauberkeit und Umweltaspekt

Pneumatische Anwendungen sind sehr sauber, da das Arbeitsmedium Luft an sich sehr sauber ist. Es läuft nicht aus, hinterlässt keine Flecken und Verunreinigungen. Das sorgt außerdem für eine hohe Umweltverträglichkeit von pneumatischen Systemen, denn im Falle einer Leckage treten keine schädlichen Stoffe aus.

In der Hydraulik sieht das etwas anders aus. Einige Hydrauliköle beinhalten toxische Substanzen, die keinesfalls in die Umwelt geraten dürfen. Um das Schadenspotential zu verringern, gibt es biologisch abbaubare Öle, die in sensiblen Bereichen wie Land- und Forstwirtschaft eingesetzt werden. In Sachen Sauberkeit steht aber auch bei diesen Ölen fest: Entsteht ein Leck, entsteht auch Dreck – und dieser muss beseitigt werden.

2.4. Sicherheit

Alle fluidtechnischen Systeme bergen ein gewisses Sicherheitsrisiko, immerhin wird mit Druck gearbeitet, der dem Anwender gefährlich werden kann, wenn etwas schief geht. Jedoch gibt es einige Aspekte, die dafür sorgen, dass das Sicherheitsrisiko bei hydraulischen Systemen deutlich höher ist als das bei pneumatischen:

Das Druckniveau:
Wir haben weiter oben bereits festgestellt, dass die Hydraulik mit deutlich größeren Nenndrücken arbeitet. Im Falle einer Beschädigung der Leitungen, tritt das Öl mit vollem Druck aus. Dabei besteht für den Anwender potentiell Lebensgefahr, denn ein Ölstrahl unter Druck kann sich buchstäblich durch Fleisch und Knochen schneiden.

Brandgefahr:
Hydrauliköl ist entflammbar. Befindet sich eine Anlage in einem Umfeld mit heißen Oberflächen, können im Falle einer Leckage Brände entstehen. Da Druckluft nicht entflammbar ist, eignen sich pneumatische Anlagen gut für den Einsatz in Umgebungen mit hoher Temperaturentwicklung.

Hohe Temperaturen:
Die normale Betriebstemperatur von Hydrauliköl bewegt sich in einem Bereich zwischen 50 und 80°C. Das heiße Medium heizt auch andere Bestandteile der Anlage auf, sodass man sich beim Kontakt mit metallischen Armaturen oder dem Medium selbst Verbrennungen zuziehen kann. Druckluft hingegen hat eine Betriebstemperatur zwischen 5 und 30°C.

Toxizität:
Hydrauliköle enthalten giftige und/oder gesundheitsschädliche Stoffe. Kontakt mit der Haut, Einatmen und Verschlucken können demnach fatale Folgen haben.

3. Anwendungsbereiche

3.1. Pneumatik

  • Werkstattechnik: Versorgung von Schlagschraubern, Druckluftbohrern, etc.
  • Lebensmittel- und Pharmaindustrie: Förderung von Rohmaterial und Endprodukten; Trocknung, Reinigung, Befüllen und Etikettieren von Verpackungen, etc.
  • Transportwesen: Druckluftbremssysteme bei Nutzfahrzeugen, Federung, etc.
  • Materialtransport: Transport von Material wie Granulat, Pulver und Flüssigkeiten im Fertigungssektor
  • Automatisierungs- und Robotertechnik: Steuerung von Greifern, Antrieb von Förder- und Robotertechnik, Verpackungs- und Fülltechnik, etc.

3.2. Hydraulik

  • Bau-, Land- und Forstmaschinen: Steuerung von Anbaugeräten; Antriebssysteme
  • Kraftfahrzeugtechnik: z.B. Servolenkung, Bremsen, Fahrwerke
  • Industrie: Prüftechnik, Fördertechnik, hydraulische Pressen
  • Luft- und Raumfahrttechnik: Flügelklappen, Fahrwerke, etc.

4. Fazit

Wenn wir nun abschließend die Frage beantworten wollen, welche Technik die bessere ist, lautet die Antwort wie so oft: „Es kommt drauf an!“ Wir konnten feststellen, dass beide Systeme klare Vor- und Nachteile aufweisen. Entscheidend ist aber letztendlich der Einsatzzweck. Prüfen Sie also immer alle Rahmenbedingungen, bevor Sie sich für den Einsatz von Pneumatik oder Hydraulik entscheiden.

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Bildnachweis:

Für alle Bilder gilt ©Schmitter Hydraulik

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