Wartung von Hydraulikanlagen – wichtige Infos & Tipps
Hydraulische Systeme sind in vielen Bereichen der Industrie und des Handwerks nicht wegzudenken. Umso ärgerlicher ist es, wenn sie aufgrund von nicht eingehaltenen Serviceintervallen ausfallen oder – schlimmer noch – zu einer Gefahr für den Anwender werden. Um das zu verhindern, zeigen wir Ihnen heute, worauf Sie bei der Wartung von Hydraulikanlagen und deren Instandhaltung achten müssen.
1. Vor der Wartung: Grundlegende Fragestellungen
Hydraulikanlagen sind komplexe, vielschichtige Systeme. Aus diesem Grund ist es notwendig, vor der Wartung einige wichtige Fragen zu klären.
a) Über welche Qualifikationen muss der Instandhalter verfügen?
Nicht jeder Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen darf ohne Weiteres die Wartung Ihrer Hydraulikanlage übernehmen. Um Personen- und Sachschäden vorzubeugen, muss der Instandhalter den Aufbau und die Funktionsweise einer solchen Anlage verstehen – entweder aufgrund seiner Ausbildung oder auf der Grundlage einschlägiger Berufserfahrung. Die DGUV wird dabei konkret und gibt an, dass für die Planung und Durchführung von Instandhaltungsarbeiten mindestens die
• Bedienungsanleitung (inkl. Wartungshinweise),
• Funktions- und Schaltpläne zur Hydraulik und gegebenenfalls auch zur
• Elektronik,
• Betriebsarten,
• Maschinenabläufe,
• Verknüpfungen zu anderen Technologien (mechanisch, elektrisch, elektronisch)
nachvollzogen werden müssen. Des Weiteren muss der Instandhalter in der Lage sein, eine systematische Fehlersuche durchzuführen (vgl. BGHM – DGUV Information 209-070: Sicherheit bei der Hydraulik-Instandhaltung, S. 11).
b) Welche potentiellen Gefahren liegen vor?
In der Hydraulik wird mit hohen Drücken, ggf. auch heißen Medien und hautreizenden Stoffen gearbeitet. Damit diese Dinge nicht zu einem Gesundheitsrisiko werden, ist es wichtig, vor Beginn der Wartungsarbeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Anschließend müssen auf Grundlage dieser Beurteilung Schutzmaßnahmen für das Instandhaltungspersonal abgeleitet werden.
Die sogenannte „Fünf-Finger-Regel“ beschreibt die wichtigsten Sicherheitsmaßnahmen im konkreten Umgang mit fluidtechnischen Systemen:
- Energieversorgung trennen
- Sicherung gegen Wiederinbetriebnahme
- System drucklos machen, Druckspeicher absichern bzw. deaktivieren, Lasten absenken
- Drucklosigkeit prüfen
- Gefährdungen durch benachbarte Anlagen verhindern
c) Welche Angaben macht der Hersteller?
Der Hersteller einer Maschine oder Anlage macht in der Regel detaillierte Angaben darüber, was bei der Instandhaltung zu beachten ist. Das betrifft u.a. die Auswahl von Ersatzteilen, die immer so gewählt werden müssen, dass sie dem maximalen Betriebsdruck der Anlage standhalten. Des Weiteren müssen sie für das Zusammenspiel mit der eingesetzten hydraulischen Flüssigkeit geeignet sein. Welche Flüssigkeit die richtige ist, wird ebenfalls durch den Hersteller definiert.
Schlussendlich werden auch die Wartungsintervalle bestimmter Bauteile typischerweise vom Hersteller vorgegeben.
d) Gibt es einen Wartungsplan bzw. ist die bisherige Wartungshistorie bekannt?
Um zukünftige Wartungsarbeiten zu erleichtern, empfiehlt es sich, nach jeder Wartung ein Wartungsprotokoll anzufertigen. Dieses sollte genau auflisten, wann die Wartung durchgeführt wurde, welche Arbeiten vorgenommen worden sind, welche Teile erneuert wurden, etc. Im Falle einer ereignisorientierten Wartung (z.B. bei Schäden und Ausfällen der der Anlage) kann diese Wartungshistorie zur Problemanalyse herangezogen werden.
2. Die Wartung durchführen – die wichtigsten Bestandteile der Instandhaltung fluidtechnischer Systeme
Um die Lebensdauer Ihrer Anlage zu erhöhen, prüfen Sie regelmäßig folgende Punkte:
1) Hydraulikflüssigkeit/ Hydrauliköl
Prüfen Sie in regelmäßigen Abständen den Stand der hydraulischen Flüssigkeit und füllen Sie diese bei einem geringen Füllstand nach. Achten Sie darauf, stets eine Hydraulikflüssigkeit desselben Herstellers, derselben Klassifizierung und Viskositätsklasse zu verwenden. Mischen Sie niemals unterschiedliche Öle oder Medien miteinander. Unerwünschte chemische Reaktionen und Ablagerungen können die Folge sein und führen zwangsläufig zu Schäden am System.
Lassen Sie außerdem Vorsicht walten, wenn der Hersteller eines Hydrauliköls dessen Mischbarkeit mit anderen Ölen bestätigt. Mischbarkeit bedeutet in diesem Fall nur, dass zwei Stoffe vollständig ineinander löslich sind. Die physischen Eigenschaften der vermischten Öle können sich aber trotzdem negativ aufeinander auswirken (z.B. durch unterschiedliche, miteinander unverträgliche Additive). Die Mischbarkeit zweier Flüssigkeiten sagt also noch nichts über deren Verträglichkeit aus.
Wenn Sie den Ölstand überprüfen, werfen Sie auch gleich einen Blick auf den Zustand der Hydraulikflüssigkeit. Untersuchen Sie sie auf Anzeichen von Verschmutzung, untypische Verfärbungen und Gerüche sowie auf eine veränderte Viskosität.
Wenn Sie unsicher sind, ob ein Wechsel des Öls nötig ist, können Sie eine Bestimmung seiner Reinheit vornehmen. Dazu werden mithilfe eines sogenannten Partikelzählers Anzahl und Größe der vorhandenen Schmutzpartikel in 100ml Öl untersucht. Anhand des Ergebnisses, kann das Öl einer der Reinheitsklassen nach ISO 4406 zugeordnet werden. In dieser Klassifizierung wird die Anzahl der Partikel > 4 µm, > 6 µm und > 14 µm in einer Ölprobe untersucht. Die Ergebnisse dieser drei Zählschritte werden mit je einem ISO-Code angegeben. Jeder ISO-Code steht für eine Spanne von Feststoffpartikeln von Anzahl X bis Y. Die drei ISO-Codes der Zählung bilden dann zusammengesetzt die Reinheitsklasse des Hydrauliköls. Frischöl hat beispielsweise eine Reinheit von ISO 19/17/14. Damit ist seine Reinheit nicht sehr hoch – zum Vergleich: sehr sauberes Öl besitzt eine Reinheit von ISO 14/12/10.
Aus diesem Umstand ergibt sich der nächste wichtige Punkt bei der Wartung von Hydraulikanlagen: Die Filterung von Frischöl. Wenn Sie Hydrauliköl nachfüllen, oder einen kompletten Ölwechsel vornehmen , füllen Sie das frische Öl immer über einen Filter ein. Nutzen Sie dazu zum Beispiel eine Umpumpstation mit integriertem Filter. Hier gilt die Faustregel: Je schmutzempfindlicher die Anlage, desto feiner sollte der Filter sein, der zum Einsatz kommt.
2) die Filter
A propos Filter: Auch diese müssen in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Das Wechselintervall wird auch hier wieder durch den Hersteller vorgegeben, jedoch empfiehlt es sich, auch vor Ablauf des Wechselintervalls einen Blick auf den Zustand der Filter zu werfen. Diesen kann man i.d.R. anhand einer Verschmutzungsanzeige erkennen. Beachten Sie bei einem Wechsel außerdem die Herstellerangaben zum empfohlenen Nenndruck und Effizienzwert. Letzterer gibt an, wie viele Schadstoffe der Filter abfangen kann. Je effizienter der Filter, desto weniger Schadstoffe lässt er durch.
3) die Systemtemperatur
Der Idealbereich der Systemtemperatur von hydraulischen Anlagen liegt zwischen 45°C und 60° C. Liegt die Temperatur regelmäßig darüber, kann das unterschiedliche Ursachen haben:
• der Kühler ist defekt
• die Begrenzungsventile sind defekt und/oder falsch eingestellt
• es ist zu wenig Flüssigkeit im System
• es befindet sich Luft im System
• der Wassergehalt im Öl ist zu hoch
Eine zu hohe Betriebstemperatur zerstört Dichtungen, lässt das Hydrauliköl schneller altern und begünstigt die allgemeine Abnutzung der Anlage. Aus diesem Grund sollten Sie darauf achten, dass sich die Temperatur stets im Normbereich befindet. Der Einbau eines Thermometers hilft Ihnen, die Temperatur im Blick zu behalten.
4) Leitungen und Hydraulikschläuche
Hydraulikschlauchleitungen müssen in regelmäßigen Abständen ausgewechselt werden. Laut DGUV Regel 113-020 ist ein Wechsel unter normalen Systemanforderungen alle sechs Jahre vorgesehen. Bei erhöhten Anforderungen verkürzt sich das Wechselintervall auf eine Betriebsdauer von zwei Jahren (vgl. DGUV Regel 113-020, 2017, S. 47).
Trotzdem ist es ratsam, regelmäßig einen Blick auf den Zustand der Schlauchleitungen zu werfen, um etwaige Sicherheitsrisiken früh zu erkennen. Dasselbe gilt auch für Rohrleitungssysteme. Untersuchen Sie die Leitungen auf Lecks, Ausfransungen und stellen Sie einen sicheren Verbund von Schlauch und Armatur sicher. Achten Sie ebenfalls darauf, dass die Leitungen nicht in sich verdreht sind und die Schlauchführung nach wie vor so gestaltet ist, dass Verschleiß durch Abknicken oder Scheuern verhindert wird.
5) das Innere des Tanks: Lufteintrag feststellen und Hydraulikanlage entlüften
Überprüfen Sie das Innere des Tanks auf Anzeichen für Luft im System. Klassische Indizien für Lufteintrag sind:
• Schaumbildung
• kleine Luftblasen im Bereich um den Pumpeneingang herum
• Bildung von Strudeln
Befindet sich Luft im System an Stellen, an denen sie nicht sein soll, können die Folgen fatal sein. Im schlimmsten Fall kommt es zum sogenannten Dieseleffekt. Ähnlich wie bei der Selbstentzündung des Kraftstoffs in einem Dieselmotor, kommt es im Hydrauliksystem zu kleinen Explosionen, wenn die Luftblasen unter dem hohen Systemdruck kondensieren, sich dadurch schlagartig erhitzen und auf diese Weise eine spontane Entzündung des Öls in der Blase verursachen. Diese kleinen Explosionen geschehen oft unbemerkt, können aber starke Schäden an Oberflächen, Dichtungen oder Ventilen verursachen.
Um die unerwünschte Luft abzutragen, müssen Sie die Hydraulikanlage entlüften. Dazu öffnen Sie die Verschraubungen an den entsprechenden Stellen der Anlage. Um eine vollständige Entlüftung zu gewährleisten, führen Sie den Vorgang, wenn möglich, an der höchsten Stelle des Systems durch. Fahren Sie außerdem den Zylinder unter geringem Druck mehrfach vollständig aus – so stellen Sie ebenfalls sicher, dass sich keine überschüssige Luft im System befindet. Füllen Sie im Anschluss an den Entlüftungsvorgang die ausgetretene Ölmenge wieder nach, damit die Anlage erneut unter optimalem Druck arbeiten kann.
Um den Entlüftungsvorgang zu vereinfachen, empfiehlt es sich, an geeigneten Stellen Entlüftungsventile zu installieren.
6) Pumpe & Motor
Um sicherzustellen, dass Pumpe und Motor langfristig zuverlässig arbeiten, sind regelmäßige optische und akustische Kontrollen notwendig. Prüfen Sie die Pumpe auf undichte Stellen, Verschleißerscheinungen, atypische Geräusche und Vibrationen.
Das Innere der Pumpe ist besonders anfällig für Kavitation. Bei diesem Phänomen werden durch Druckunterschiede instabile Dampfblasen erzeugt, die sofort kollabieren, wenn sie in einen Systembereich mit einem höheren Druck gelangen. Die durch den Kollaps entstandenen Druckwellen beschädigen die Laufflächen, umliegende Ventile und andere sensible Bauteile.
In der Regel kann Kavitation akustisch wahrgenommen werden: Hohe klopfende, oder heulende Geräusche liefern Hinweise auf dieses Phänomen. Die oben genannten Dampfblasen entstehen auch durch Wasser im Öl. Deshalb ist es wichtig, dass das Öl nicht verwässert ist.
Achten Sie auch im Bereich des Antriebsmotors auf atypische Geräusche. Zur Wartung der Motoren gehört außerdem die regelmäßige Überwachung ihrer Betriebstemperatur mithilfe eines Infrarot-Thermometers.
7) Ventile
Prüfen Sie regelmäßig die einwandfreie Funktion der Ventile. Stellen Sie sicher, dass die Ventilschieber nicht klemmen und die Düsenbohrungen frei sind. Ein sauberes Medium ist die Grundlage für gut funktionierende Ventile. Achten Sie also auf eine hohe Reinheit der verwendeten Hydraulikflüssigkeit, damit die sie nicht durch Fremdkörper verstopft werden.
3. Vor der Wiederinbetriebnahme: Hydraulikanlage spülen & Funktionen testen
Je nach Umfang und Art der Wartungsarbeiten kann es nötig werden, die Hydraulikanlage vor Wiederinbetriebnahme zu spülen. Auf diese Weise werden Fremdkörper, die durch Reparaturen, Modifikationen an der Anlage und Co. in das System gelangt sind, wieder aus dem System entfernt. Besonders schmutzempfindliche Bauteile wie Ventile sollten allerdings erst nach diesem Vorgang eingebaut werden.
Das Hydrauliksystem wird meist mithilfe eines speziell dafür vorgesehenen Spülaggregats gespült. Im Anschluss wird eine Ölanalyse durchgeführt, um sicherzustellen, dass die gewünschte Reinheit des Mediums erreicht ist.
Wenn alle Arbeiten abgeschlossen sind, sollte eine finale Funktionsprüfung erfolgen. Testen Sie dazu, ob die Ventile alle richtig arbeiten und prüfen Sie die Funktion von Pumpen, Zylindern und Motoren. Testen Sie die Funktionen nach Möglichkeit separat und zunächst ohne Last.
Literaturhinweise:
BGHM – DGUV Information 209-070: Sicherheit bei der Hydraulik-Instandhaltung, 2019.
DGUV – DGUV Regel 113-020: Hydraulik-Schlauchleitungen und Hydraulik-Flüssigkeiten – Regeln für den sicheren Einsatz, 2017.
Bildnachweis:
Für alle Bilder gilt ©Schmitter Hydraulik
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